Prägende Erfahrungen im jungen Alter
Mehrfach wurde in Studien nachgewiesen, dass Kinder bereits im Kindergartenalter rassistische Denkmuster verinnerlichen, die sich auf die persönlichen Selbst- und Fremdbilder auswirken. Vereinfachende und diskriminierende Stereotype begegnen Kindern und Jugendlichen in Kindergarten und Schule aber auch im Kinderzimmer. Neben Bilderbüchern, Spielzeugpuppen und Lehrbüchern transportieren auch Kostüme in der Theater-AG oder zum Karneval teils rassistische Fremdbilder. Diese frühen Begegnungen mit problematischen Bilder- und Sprachwelten führen dazu, dass sie von Kindern als normal erlernt und selten hinterfragt werden. Während weiße Kinder die negativen Konsequenzen in der Regel nicht zu spüren bekommen, müssen BIPoC Personen bereits ab der frühen Kindheit spezifische Strategien im Umgang mit verschiedenen Formen der rassistischen Diskriminierung entwickeln.
Darstellungsweisen in Kinder- und Jugendmedien
Immer häufiger sind Forderungen nach einer rassismus-sensibleren Gestaltung von Kinderbüchern zu hören. Gerade sie gelten als Quelle rassistischer Menschenbilder im Kindes- und Jugendalter, wie bekannte Beispiele, etwa die Pippi Langstrumpf-Reihe von Astrid Lindgren oder auch die Winnteou Werke von Karl May, belegen. Auch in verschiedenen Forschungsdisziplinen werden Kinderbücher daher in den letzten Jahren vermehrt untersucht. Die folgenden Beiträge dokumentieren die Forschungsergebnisse von Jennifer Adolé Akue-Dovi (Erziehungswissenschaften) und Nanny Duday (Geographie), die in ihren Arbeiten Kinderbücher bzw. Hörbücher auf rassismusrelevante Inhalte sowie – in Jennifer Adolé Akue-Dovis Fall – deren Wirkung auf Kinder und Jugendliche untersuchten.
In der frühkindlichen Entwicklung wird Weltsicht vermittelt durch Spiele, Lieder und Bilder. Es ist wichtig, diese eigenen Normalitäten kritisch zu betrachten. Ein kurzer Blick in beliebte Kinderlektüre zeigt; BIPoC Charaktere haben nicht nur kaum Platz in Kinderbüchern, sie werden zudem oft in Form diskriminierender und stereotypisierender Darstellung abgebildet.
Handreichung
Jennifer Adolé Akue-Dovi zur TKKG Hörbuchreihe
Jennifer Adolé Akue-Dovi zu der Frage, warum es wichtig ist, einen rassismuskritischen Blick auf Kinder- und Jugendmedien zu werfen. Dabei geht sie auf Ergebnisse ihrer Masterarbeit ein, die mit dem Augsburger Wissenschaftspreis 2021 für interkulturelle Studien [Förderpreis] ausgezeichnet wurde. Zur Zeit ist sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg und als Dozentin tätig.
Nanny Duday zum Buch Vimala gehört zu uns!
Nanny Duday studierte unter anderem Geographie auf Lehramt für Sonderpädagogik an der Universität Hamburg. Im folgenden Beitrag spricht sie über die Ergebnisse ihrer Bachelorarbeit, in welcher sie sich mit Othering-Mechanismen in Kinderbüchern anhand des Buchs Vimala gehört zu uns beschäftigte.
Reflexionsaufgabe
Erinnerst du dich an Bücher, Hörspiele oder Filme aus deiner Kindheit und Jugend, die einige der bisher genannten Merkmale aufweisen? Hast du Debatten, über rassistische Inhalte und Dastellungsweisen in dir bekannten Kindergeschichten in den letzten Jahren verfolgt?
Rassismus im Klassenzimmer
Wie kann sich Rassismus in der Schule äußern?
- INSTITUTIONELL / STRUKTURELL
- Überproportional repräsentiertes weißes Lehrpersonal
- Migrantische Menschen und vor allem BIPoC Personen sind hingegen an Schulen überdurchschnittlich oft als Reinigungskräfte oder Hausmeister:innen sichtbar
- In Verbindung mit klassistischen Vorurteilen, die solche Arbeiten als weniger qualifiziert oder weniger wert erscheinen lassen, fehlt es Schüler:innen an Identifikationspersonen
- Schulbücher und andere Lehrmaterialien enthalten stereotype, rassistische Darstellungen
- Das Vergeben schlechter Noten trifft besonders häufig migrantische und/oder BIPoC Schüler:innen
- Dies wirkt sich negativ auf die gesamte Bildungslaufbahn aus, indem betroffene Schüler:innen trotz gleichwertiger Leistungen keine Gymnasialempfehlung erhalten
- Migrantische und BIPoC (vor allem auch geflüchtete) Schüler:innen werden in gesonderten Klassen unterrichtet
- Es kommt zur sozialen Abschottung
- Fehlende rassismuskritische Einordnung und Bearbeitung von Kolonialgeschichte und in Zuge dessen begangenen Verbrechen, aber auch Widerstandsgeschichten
- ….
- INDIVIDUELL
- Namen falsch aussprechen
- Rassistische Beleidigungen oder Bezeichnungen durch Mitschüler:innen oder dem Lehrpersonal
- Es fehlt an Anlaufstellen und einem geeigneten Umgang (Konsequenzen oder Strafen).
- Schüler:innen wird nicht geglaubt oder ihnen wird vorgeworfen, zu empfindlich zu reagieren
- Durch Aufforderungen wie „Erzähl´ doch mal, wie ist das bei euch?“ werden migrantische und/oder BIPoC Schüler:innen als anders markiert
- Besonders häufig zu Themen wie Migration oder Religion, i.d.R. negativ konnotiert
- Die Vergabe von schlechten Noten ist häufig mit internalisierten Vorstellungen verbunden, die dazu führen, dass an migrantische und/oder BIPoC Schüler:innen niedrigere Erwartungen gestellt werden
- Exkludieren von nicht deutschsprechenden Elternteilen, zum Beispiel bei Elternsprechtagen
- Eine Folge: Abgabe der Verantwortung an die Schüler:innen, die für ihre Eltern übersetzen
- ….
Aufgabe
Lies den Artikel Das Klassenzimmer ist kein diskriminierungsfreier Raum von Jule Bönkost und beantworte danach die folgende Frage:
- Inwiefern ist das Klassenzimmer kein diskriminierungsfreier Raum?
Lesestoff
- Intersektionale Kinderbuchliste von der i-PÄD Kompetenzstelle intersektionale Pädagogik