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Abschnitt 2 (Block 3): Klassische Karten

Merkmale Klassischer Karten

Wie Karten auszusehen haben, welche Elemente sie beinhalten und welchen Konventionen sie folgen, ist Ergebnis machtvoller Aushandlungsprozesse. Karten, wie wir sie heute kennen, haben sich in ihrer grundlegenden Struktur, im Vergleich zu den Karten aus Kolonialzeiten, nicht maßgeblich verändert und spiegeln weiterhin häufig eine eurozentrische Weltsicht wider, in der komplexe Zusammenhänge und das Bewusstsein über historisch gewachsene Ungleichverhältnisse in globalen Süd-Nord Verhältnissen wenig Platz finden. Das bedeutet nicht, dass konventionelle Karten, die den unten aufgeführten Merkmalen entsprechen, grundlegend falsch sind. Ebenso kann eine, als kritisch deklarierte, Karte Verallgemeinerungen aufweisen und Menschen in ihren vielfältigen Perspektiven unsichtbar machen.

Die folgende Übersicht soll auf einige typische Kartenmerkmale aufmerksam machen. Wie genau diese Elemente auf Karten eingesetzt, inszeniert und dadurch wirkmächtig werden, ist je nach Karte unterschiedlich. Grundsätzlich haben sie aber alle etwas gemeinsam; sie spiegeln eine beschränkte Sicht, die meist aus einer weißen, akademischen und städtischen Perspektive auf die Welt blickt. Indem wir darauf verzichten an dieser Stelle Karten zu zeigen, vermeiden wir einerseits bestimmte Arten von Karten als grundsätzlich falsch zu benennen und andererseits problematische Inhalte zu reproduzieren. Auch ohne Beispiele werden in deinem Kopf nun einige Bilder von Karten auftauchen, die genau diese Merkmale aufweisen.

Ein weiß-blauer Nordpfeil der nach oben zeigt

NORDPFEIL

Ein Nordpfeil, der Betrachter:innen bei der optischen Orientierung auf der Karte hilft, darf nicht fehlen. Aber, warum muss Norden eigentlich oben sein? Die Erde bewegt sich durch das Weltall, das keinen Norden oder Süden kennt. Genauso gut könnte stets der jetzige „Süden“ am oberen Bildrand auftauchen, was unter anderem Deutschland auf die untere Bildhälfte verweisen würde.

Fünf verschieden große viereckige Blöcke die aussehen wie Wolkenkratzer. Auf dem größten Block weht eine Fahne mit der Aufrschrift

Europa in der Kartenmitte

Auch die Tatsache, dass auf den meisten, uns im Alltag begegnenden, Karten Europa in der Kartenmitte steht, ist kein Naturgesetz. So finden sich in den USA auch Karten, die die amerikanischen Kontinente in die Kartenmitte setzen. Aber auch eine Karte, die Australien, Indonesien oder Madgaskar in den optischen Fokus setzen würde, wäre nicht weniger korrekt.

Ein Vogel fliegt und sein Blick ist nach unten gerichtet

Vogelperspektive

Der Blick von oben auf Kontinente, Länder, Städte oder Straßen herab kommt wohl den meisten in den Sinn, wenn von „Karten“ die Rede ist. Karten können aber in ihrer Gestaltung noch vielfältiger sein und sind nicht auf die Vogelperspektive beschränkt. Im Abschnitt „Kritische Kartenpraxis“ findet sich EINES von vielen weiteren Beispielen, welches zeigt, wie Karten noch aussehen können.

Stacheldrahtzaun als Symbol für Grenzziehungen

Grenzverläufe

Neben Gestaltungsnormen von Karten sind auch die auf ihnen dargestellten Inhalte niemals festgeschrieben oder unveränderlich. Die Grenzverläufe zwischen Nationalstaaten zum Beispiel können sich durch kriegerische Auseinandersetzungen oder zwischenstaatliche Abkommen immer wieder verschieben. Die soziale Konstruiertheit von Grenzen zeigen viele nahezu geradlinig verlaufende Grenzen auf dem afrikanischen Kontinent. Hier wurden Grenzverläufe 1884 nach gemeinsamer Abstimmung und unter Berücksichtigung der Interessen europäischer Kolonialstaaten gezogen. Viele von ihnen haben bis heute Bestand.

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